Ja. Ich gebe es zu: den Titel dieses Artikels habe ich mir nicht selbst ausgedacht. „Where Are the Customers‘ Yachts – Or a Good Hard Look at Wall Street“ ist der Titel eines Buches. Ehrlich gesagt, ich hab es nicht gelesen. Aber als ich den Titel gehört habe, habe ich an die Fondsrenditen der Fonds in meinem Depot gedacht und mich dann gefragt bei wem eigentlich mehr hängen bleibt – beim Fondsmanager oder bei mir. Gut, wir hatten einen Bärenmarkt im Jahr 2022, aber ich meine: langfristig müssen die Fonds einfach Alpha liefern – also Outperformance gegenüber irgendeinem Index – sonst macht es keinen Sinn dort Kapital zu allokieren. Meinetwegen kann man noch argumentieren, dass die Fonds in irgendeiner Art und Weise Volatilität hedgen und man besser mit den Fonds als mit ETFs schlafen kann. Sowieso weiß ich, dass aktive Fonds schon einmal bessere Zeiten gesehen haben und das in zweierlei Hinsicht. Erstens, weil die aktiven Fonds aufgrund der extrem guten Rendite des scheinbaren Allzweck-ETFs MSCI World sehr blass aussahen in den letzten Jahren; und zweitens, weil aktive Fonds im Verruf sind aufgrund ihrer hohen Gebühren und ETF-Anbieter sich unterbieten, wenn es um die Gebühren für die ETFs geht. Outperformance scheint also nicht möglich – zumindest nicht prognostizierbar. Outperformance ist wohl immer möglich, genau wie ich mit dem Würfel 10mal hintereinander eine 6 würfeln kann. Statistisch wohl sehr unwahrscheinlich aber eben nicht sicher wiederholbar und nicht prognostizierbar. Anscheinend schaffen es 80% der Fonds nicht ihre Benchmark zu schlagen… das ist mal ne Hausnummer.
Ok. Genug Einleitung. Ich habe drei Fonds im Depot. Ja, aktive Fonds. Wir schauen mal rein. Wie hoch sind die Gebühren? Warum habe ich überhaupt gekauft? Wann ziehe ich die Reißleine? Warum war ich der Meinung, dass Outperformance möglich ist?
Zuerst einmal aber die Frage: Welche Kosten entstehen üblicherweise bei einem Fondsinvestment? [Quelle: bvi.de]
1. Ausgabeaufschlag:
– Gebühr, die beim Kaufen des Fonds entsteht. Ist bei allen hier betrachteten Fonds bei meinem Broker 0% gewesen.
2. Jährliche laufende Kosten:
– Verwaltungsvergütung: Gebühr für das Management des Fonds
– Verwahrstellenvergütung: Kosten für die Verwahrung des Fondsvermögens
– Aufwendungsersatz: Habe ich nicht in den Fondsprospekten gefunden
3. Jährliche variable Kosten:
– Transaktionskosten
– Erfolgsabhängige Vergütung („Performance Fee“): Vergütung für hohe Wertentwicklungen
Wie sehen die Kosten für die drei Fonds in meinem Depot aus?
Fondsname | Link zum Factsheet | Verwaltungsvergütung | Verwahrstellenvergütung | Performance Fee |
Gehlen Braeutigam Value HI -I- | Factsheet | 1,2% p.a. | 0,07% p.a. | 15% (über 4% Hurdle Rate) |
Tigris Small & Micro Cap Growth Fund S | Factsheet | 0,995% p.a. | 0,08% p.a. | KEINE Erfolgsvergütung |
Haas Invest 4Innovation S | Verkaufsprospekt | 0,6% p.a. | 0,1% p.a. | 5% |
Ok. Die Tabelle oben macht klar: günstig ist was anderes im Vergleich zu ETFs, die es üblicherweise mit TERs (Total Expense Ratio) von 0,1% bis 0,5% gibt. Vergleichbar mit ETF-Gebühren ist noch am ehesten der Haas Invest 4Innovation. Und am Ende kommt es natürlich auch auf die Kosten an… aber wenn für die Kosten überproportional viel geleistet wird (Rendite erwirtschaftet wird), dann wäre es wieder in Ordnung. Schauen wir erstmal auf die Kosten.
Kostenbetrachtung:
Ehrlich gesagt, hatte ich beim Investment in die Fonds schon auf die Gebühren geachtet. Der Tigris Small & Micro Cap Growth Fund S ist die Seed-Tranche des Fonds. Wenn Fonds neu starten, wird oftmals eine Seed-Tranche ausgegeben, die günstiger ist, um Seed-Kapital – also erstes Kapital – anzulocken. Ein Track-Rekord in Form von tollen vergangenen Rendite existiert ja meist nicht. Startkapital ist notwendig, da Fonds meist unterhalb von 10 Millionen Euro verwaltetem Vermögen nur sehr unrentabel sind. Diese Tranche ist nun also auch nicht mehr handelbar.
Beim Haas Invest 4Innovation S handelt es sich ebensfalls um eine Seed-Tranche, die allerdings nicht geschlossen wird. Der Fondsmanager hat sich das Ziel gesetzt einen der günstigsten und fairsten aktiv gemanagten Aktienfonds aufzusetzen.
Der Gehlen Braeutigam Value HI -I- ist der teuerste im Bunde. Bei der gekauften Tranche handelt es sich um die institutionelle Tranche. Wer genauer recherchiert, wird feststellen, dass der Mindestanlage-Betrag für diese Tranche 200.000€ beträgt. Ok, nein! Ich bin nicht super reich und ich habe keine 200.000€ darin investiert. Beim Smartbroker und der Consorsbank fungiert die DAB Bank als sowas wie der Vermögensverwalter. Aus irgendeinem Grund ist hier diese Tranche freigeschaltet, vielleicht weil alle Depots zusammen bei der DAB Bank über 200.000€ in dieser Tranche kommen, ich weiß es nicht. Fakt ist: die Retail Tranche (R) wäre noch teurer gewesen.
Rendite der Fonds:
Waren nun die Kosten für die Fonds gerechtfertigt für die erbrachte Leistung? In 2022 war ich bei keinem der Fonds mit der Rendite zufrieden, schauen wir drauf:
Rendite der Fonds vs. Benchmarks:
Fondsname | Rendite in 2022 | Rendite Benchmarks |
Gehlen Braeutigam Value HI -I- | -38,5 % | Rendite MSCI Europe S&M Cap: -22.8% (laut Letter to Partners) |
Tigris Small & Micro Cap Growth Fund S | -25,3 % | Rendite SDAX ETF: -28,5 % |
Haas Invest 4Innovation S | -28,2 % | Nasdaq ETF (in Euro): -28,1% |
Die Renditen waren alles andere als prickelnd im Jahr 2022. Man kann jetzt viel herumdiskutieren was die richtigen Benchmarks für die Fonds sind. Der Tigris-Fonds schneidet noch am besten gegenüber der von mir selbst gewählten Benchmark ab. Beim Gehlen Braeutigam sieht das Ganze verheerend aus.
Also warum habe ich die Fonds überhaupt gekauft?
Damalige Kaufentscheidung:
Tigris Small & Micro Cap Growth Fund S: Der Fondsmanager Lukas Spang konnte als Wikifolio-Manager einen außerordentlich guten Track-Record aufweisen. Wikifolios sind allerdings recht teuer und weisen ein gewisses Emittentenrisiko auf. Als ich bemerkte, dass Herr Spang einen Fonds startete, den ich für vergleichsweise günstige Gebühren erwerben konnte, wollte ich hier mit dabei sein. Zudem war meine Hoffnung, dass der Fonds zu Beginn noch wenig AUM (Assets Under Management, verwaltetes Vermögen) aufweist und somit auch im eher illiquiden Small und Micro Cap Segment agil umschichten kann, um sich bietende Chancen wahrzunehmen. Insgesamt bieten vor allem kleine Unternehmen größere Chancen, da hier größere Ineffizienzen vorliegen und detailliertes Research eher belohnt wird als bei liquiden Werten, die von hunderten Analysten gecovert werden. Ich sehe 2022 als Durststrecke, die hoffentlich überwunden wird und halte dem Fonds erstmal die Treue.
Gehlen Braeutigam Value HI -I-: Ähnliche Betrachtungen bezüglich der Ineffizienz der Märkte und dem Fokus auf Small- und Micro-Caps hatten mich auch hier zu einem Investment bewogen. Zudem gab es einige Überschneidungen zwischen dem Fondsportfolio des Gehlen Braeutigam Fonds und dem sehr guten Nebenwerte-Blog „Value and Opportunity“. Meine Hoffnung war, dass ähnlich Renditen wie die des Blog-Autors realisierbar sind aufgrund einer ähnlichen strategischen Ausrichtung des Fonds. Die Hoffnung wurde nicht bestätigt. 2022 war desaströs, Schuld wird vor allem der entzogenen Liquidität im Nebenwertesegment gegeben. Da stellt sich natürlich die Frage: Funktioniert das Fondskonzept nur mit Geldflutung der Notenbanken?, Wenn ja: Warum hat man dann nicht derart outperformt in den Jahren zuvor, sodass diese Austrocknung der Liquidität massiv ausgeglichen werden konnte? Der Fonds steht bei mir am ehesten auf der Kippe. Da zuerst alte Höchststände wieder erreicht werden müssen bis Performance-Fee fällig wird, werde ich zumindest dem Fonds noch eine Chance geben und in der Nähe der alten High-Water-Marks entscheiden, ob der Fonds aus dem Depot fliegt oder ob ich mir 15% Performance-Fee aus der Tasche ziehen lasse.
Haas Invest 4Innovation S: Der Fondsmanager Philipp Haas konnte wie auch Lukas Spang einen guten Track Record über Wikiolios aufweisen. Die günstige Kostenstruktur des Fonds gepaart mit dem Track Record hatten mich bewogen, hier einzusteigen. Bisher wurde das nicht mit Erfolg belohnt. Aber auch hier bleibe ich dabei.
Und wo sind die Jachten der Kunden (und die der Fondsmanager)?
Bisher stehen die Jachten noch nicht auf dem Hof oder an der Anlegestelle. Aber ehrlich gesagt, bei den Portfoliomanagern sehe ich auch noch nicht wo die Jachten hergekommen sein sollen. In 2022 wurden auf jeden Fall keine wirklichen Performance-Fees erzielt.
Der Tigris Small & Micro Cap Growth Fund S und der Haas Invest 4Innovation S sind One-Man-Shops. Es existiert nur jeweils ein Fondsmanager. Jeder bekommt den vollen Performance-Fee-Ertrag. Das erleichtert und verkürzt natürlich Entscheidungsprozesse und gibt Flexibilität im Fonds. Ob allerdings eine Cum-Ex-Bude wie Lang&Schwarz, die teilweise größte Position im Haas Invest 4Innovation S war, auch Eingang in Fonds mit langen Entscheidungsprozessen und Due Diligence-Strukturen gefunden hätte, kann zumindest angezweifelt werden. Es scheint ein zweischneidiges Schwert.
Und der Gehlen Braeutigam Value HI -I-? Anfangs waren hier nur Daniel Gehlen und Marc-Lennart Bräutigam am Ruder. Mittlerweile sind zwei Partner dazugekommen. Die Lebensläufe lassen einen förmlich erblassen: der Eine Jahrgangsbester an der London School of Economics im Studiengang Finance, Studium in Harvard und am MIT; der Andere Porfolio Manager einer Value Investment Boutique; zudem die neu Hinzugekommenen mit summa cum laude Abschlüssen oder einem erfolgreichen Level 3 CFA Abschluss.
Da muss man sich natürlich fragen: wenn die werten Kollegen es nicht schaffen, saftig Rendite zu liefern, wie soll man es schaffen. Nun, entweder ich bin bisher zu kurzsichtig und es braucht mehr Zeit; oder man muss eben doch auf ETFs umsteigen. Ich versuche weiterhin mit der Levermann-Strategie erfolgreich zu sein und selbst aktiv Teile meines Depots zu managen. Mal sehen, ob es dann doch noch mit den Jachten klappt…